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Lehmwand mit Sgraffitotechnik – Die Kaminwand Teil 1

Die Kaminwand kann eine der besten Möglichkeiten sein, um ein Zimmer wohnlich zu machen. Der Kamin selbst ist ja schon ein Hingucker an sich, wenn man das Glück hat einen schönen zu besitzen. Doch was wäre, wenn die Wand dahinter nicht einfach nur eine schnöde weiß gestrichene Wand wäre? Was wäre, wenn diese Wand den Kamin noch mehr zum Strahlen brächte?

Diese Frage habe ich mir gestellt, seitdem klar war, dass der alte braune Kachelofen zu klein war, um das komplette Erdgeschoss zu beheizen. Wir hatten gehofft, dass das gute Stück uns wenigstens im ersten Winter gut durch die kalten Monate bringen würde.

Doch spätestens als wir nachts in der Regel um die 12 Grad hatten, war klar: der Ofen muss raus und einem größeren weichen. Ehrlich gesagt hat er mir nie sooo gut gefallen, dass ich ihn unbedingt hätte behalten wollen. Ein brauner Kasten mitten im Raum. Doch hätte er uns in der Theorie etwas Zeit verschafft, um genug anzusparen, um vielleicht doch einen Grundofen setzen zu können.

Vor einigen Wochen haben wir ihn dann abgebaut und im Anschluss den Unterbeton in den beiden großen Erdgeschosszimmern gegossen. Es konnte also losgehen, denn die kalten Tage rücken schon näher und näher.

Der ursprüngliche Plan war es, die Wand als Sichtziegelwand zu lassen. Deshalb hatte sich Uwe beim Mauern extra Mühe gegeben. Mit den alten Ziegeln ist es jedoch eine regelrechte Herausforderung, eine Wand schön genug hinzukriegen.

Nachdem wir jetzt einige Zeit mit der offenen Wand gelebt haben, merkten wir, dass es einfach nicht passt!


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Monatelang habe ich mir nun Gedanken darüber gemacht, wie die Wand letztlich werden soll. Beim Durchblättern alter Bücher fiel mir dann ein Foto ins Auge, dass einen wahren Schub an Ideen lostrat.

Was wäre, wenn wir die Wand nicht einfach nur überputzen oder überstreichen? Was wäre, wenn die Wand zum Teil verputzt würde und mit Farbe Ornamente darauf gemalt würden?

Zuerst dachte ich an einen dicken Streifen aus Lehmputz jeweils an den Seiten. So hätten wir direkt die Spalten zum Holzbalken links und zur Ecke rechts geschlossen und hätten keine Blendleiste aus Holz anbringen müssen. Eine einfache und elegante Option.

Doch das war irgendwie zu einfach. Wie wäre es mit einem Spitzbogen, der den Ofen ganz dezent einrahmt? Ähnlich eines Kaminsims würde dieser Bogen den Ofen akzentuieren, ihm aber nicht die Show stehlen.

Und so haben wir es dann auch angepackt!

Zuerst mussten die großen Fugen im Inneren des Bogens mit Lehm ausgefüllt werden. Dafür habe ich den Lehmunterputz mit Gummihandschuhen großzügig verteilt, um auch die scharfen Kanten der Ziegel zu glätten – abzurunden. Es geht in diesem Schritt nicht darum, die Wand schnurgerade zu kriegen, sondern die Unebenheiten der Ziegel zu bewahren und abzurunden. Später nach dem Streichen sollte die Ziegeltextur erhalten bleiben. Hätten wir sie im Ursprungszustand nur gestrichen, wären die Kanten sehr schroff gewesen.

Schritt zwei bedeutete, alles genau zu vermessen. Nachdem ich mich mit dem Zollstock an der schiefen Wand versucht hatte, kam Uwe mit der glorreichen Idee den Kreuzlinienlaser zu benutzen.

Die Mittellinie und die beiden seitlichen Linien waren schnell angezeichnet. Dann hieß es den Bogen zu zeichnen. Dafür haben wir zuerst die Höhe des Bogens auf der Mittellinie markiert und wo der Bogen auf die Seitenlinien treffen soll. Mit dem Zollstock habe ich dann grob die Verbindungslinien gezogen. Für einen Rundbogen müsste man nur einen Halbkreis zeichnen. Mit einem Faden und Stift eine einfache Übung. Doch der Spitzbogen ist doch etwas schwieriger.

Mit dem Zollstock habe ich schließlich an 3 Stellen von der Mittellinie jeweils rechts und links die Abstände markiert und Freihand die Linie gezogen.

Eine einfachere Option wäre es gewesen, eine Holzplatte oder dicke Pappe als Form zuzuschneiden und an diese auch anzuputzen. Doch irgendwie war mir nicht danach. Ich denke, beim nächsten Mal würde ich es aber so machen, da man so viel einfacher glatte Kanten bekommt.

Im nächsten Schritt habe ich dann den Unterputz aufgetragen. Die geraden Kanten entlang der Hilfslinien kann man mit der Kelle gut abschneiden oder an die Kelle anputzen. Am nächsten Tag habe ich den Putz noch mit dem Filzbrett bearbeitet, um Unebenheiten zu glätten.

Da wir nicht mit Putzschienen und Richtscheit arbeiten, wird die Wand nie 100 % glatt und gerade. Aber bei einem schiefen Haus wie unserem müsste man teilweise so dick Putz auftragen, dass es für uns von Anfang an nicht so wichtig war in allen Ecken einen 90 Grad Winkel zu haben und die leichten Dellen eher zum Charme beitragen, als einen Makel darzustellen. Maurermeister und Verputzer würden sich an dieser Stelle sicher an den Kopf fassen. Für uns ist das nicht so wichtig 😀

Jetzt kommen die anstrengenden Schritte: das Ausmodellieren der Formen. Dafür habe ich mit einem recht flüssig angemischten Lehmunterputz den Spitzbogen ca. 12 cm breit nachgezogen. Gar nicht so einfach und auch hier wäre eine Form für die Innenseite sehr praktisch gewesen. Am praktikabelsten hat sich dann erwiesen, den Lehm mit einem Spachtel gegen die Umrisslinie zu drücken und nach innen zu ziehen. Das dauert natürlich, hat aber die besten Ergebnisse erzielt.

Dabei kam uns noch die Idee, oben an der Spitze noch eine Art Schlussstein zu setzen und mit unseren Initialen zu versehen. Irgendwo muss man sich ja doch auch mal verewigen, oder?

Also kam noch zusätzlich ein Trapez oben an die Spitze, die ich etwas gewölbter ausmodelliert habe, um die Illusion eines echten Steins zu erzeugen.

Sgraffito an Lehmwand selber machen

Für das Sgraffito habe ich den Bogen noch einmal mit einer Schicht Feinputz überzogen. Der Feinputz ist besser geeignet, um später die feinen Flächen auszuschneiden.

Danach habe ich nochmal die komplette Fläche inklusive der Backsteinwand mit einer dickflüssigen Feinputzpampe überstrichen. Ein Quast ist dafür perfekt und kann viel auf einmal verteilen. Dieser Schritt rundet die Kanten etwas ab. Sowohl am Bogen als auch an den Ziegeln.

Mit einer Papiervorlage zeichnete ich mir dann die wichtigsten Linien mit einem Messer vor. Dafür muss der Feinputz noch feucht sein. Deshalb habe ich gleich morgens die Schicht aufgebracht und den ganzen Tag durch das Sgraffito geschnitten.

Man kann den Lehm natürlich auch nachträglich noch anfeuchten. Doch war es zum Schneiden sehr praktisch, dass die obere Schicht feucht war und die Unterputzschicht darunter schon angetrocknet. Dadurch hat sich die Feinputzschicht sehr schön abgelöst dort wo geschnitten wurde.

Das Sgraffito ist definitiv der aufwendigste Teil der Lehmwand. Allein an diesem Schritt habe ich ca. 5-6 Stunden gesessen.

Etwas Geduld muss man also mitbringen. Doch finde ich, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann!

Ich bin definitiv sehr froh, dieses Detail hinzugefügt zu haben. So wirkt die Lehmwand nochmal ganz anders und ist nicht so flach.

Die Sgraffito Technik kommt übrigens aus der Keramik. Ich habe sie für den Lehmbau in diesem Buch gefunden:

Lehm- und Kalkputze: Mörtel herstellen, Wände verputzen, Oberflächen gestalten* von Irmela Fromme und Uta Herz

* Für über diesen Link gekaufte Produkte erhalte ich eine kleine Provision. Dieses Buch begleitet mich jetzt schon seit ich angefangen habe Lehm zu verputzen. Es ist sehr gut und hat außer der Sgraffito Technik auch viele Rezepte und Infos rund um Lehm- und Kalkputze.


Im nächsten Teil geht es dann daran, die Bodenplatte für den Ofen und die Wandfarbe anzubringen.

Eine Antwort auf „Lehmwand mit Sgraffitotechnik – Die Kaminwand Teil 1“

Diese Mischung ausWebsite und Videos gefällt mir. Ich habe so viel Freude an eurer Arbeit und dass ihr so prima mit beiden Beinen auf der Erde steht. Das Wachteldesaster… wie vernünftig , den neuen Versuch auf das Frühjahr zu verlegen. Zum Glück haben meine Enkelkinder mich nicht gefragt. Und welcher Genuss, dieses wunderbare Scraffitto entstehen zu sehen.

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